Montag, 18. August 2014


17. Teil 

Alesund und Runde – Jugendstil und Vogelkinderstube

 Nach den Abenteuern rund um Trollstigen fahren wir dem Wasser entlang Richtung offenes Meer. Alesund ist unser Ziel. Die Jugenstilstadt liegt auf mehreren Inseln am Anfang des Storfjords, an dessen Ende das berühmte Geirangerfjord liegt. Aber dazu später.
 In Alesund hat es gemäss grossformatigem Plan am Strassenrand zwei Campingplätze. Da Stadtcampingplätze in der Regel nicht gerade das Beste sind, was man sich wünschen kann, möchten wir zuerst den Platz etwas ausserhalb anfahren. Leider können wir diesen nicht auffinden, wie es scheint haben sie diesen aufgegeben und anderweitig überbaut. Wir fahren also weiter und sind plötzlich schon fast mitten in der Stadt, als wir das Campinglogo sehen. Der Platz wurde vor einiger Zeit umgestaltet und ist jetzt eigentlich ein Wohnmobil-Platz. Also eigentlich ist es nichts anderes als ein langgezogener Platz in dem es asphaltierte Parkbuchten hat, in die man sein Gefährt stellen kann. Nicht gerade sexy, aber das haben wir ja geahnt, und für eine Nacht sollte es auch reichen. Später stellen wir fest, dass es unten am Wasser schöne Badebuchten hat und so können wir wenigstens in schöner Umgebung Gassi gehen.
 Wir stellen auf, richten uns ein, geniessen noch etwas die Sonne und fahren dann ins Zentrum. In Alesund gibt es den Haus- und Aussichtsberg Aksla, auf den man vom Zentrum aus über etwas mehr als 400 Treppen hinaufsteigen kann. Da wir heute etwas zur fauleren Sorte gehören, fahren wir mit dem Auto von hinten durch die Villenviertel auf den Berg. Oben herrscht ist ein mittleres Verkehrschaos, da auf einem kleinen Kehrplatz und angrenzenden Parkflächen nicht weniger als 3 Cars, zig Autos, der hop-on-hop-off-Bus und ein Touristenzug alle gleichzeitig parken, wenden oder vorbeifahren möchten. Naja, wir schlängeln uns um die Cars und parken das Auto und sind somit mal aus dem Weg.




sagenhafter Blick über Alesund



Das Panorama über die Stadt, die umliegenden hohen Berge, das Gewirr von Inseln und das offene Meer ist wirklich sehenswert. 

aber warum in die ferne schweifen???


Alesund wurde 1904 durch einen Grossbrand mehrheitlich zerstört. Über 800 Holzhäuser wurden ein Raub der Flammen und die meisten Bewohner verloren ihr Dach über dem Kopf. Die Stadt wurde umgehend und in rekordverdächtiger Geschwindigkeit wieder aufgebaut. 


die Altstadt von oben


Aus Sicherheitsgründen mussten jedoch alle Häuser im Stadtkern aus Stein gebaut werden. Und da jeder sein Haus nach der neuesten Mode gebaut haben wollte, präsentierte sich von da an Alesund als Jugendstilstadt. Da selten ganze Städte nach der Jahrhundertwende neu gebaut wurden, ist eine dermassen homogene Jugendstil-Stadt wohl kaum woanders zu finden.  


verspielte Ornamente und ein luftiger Pavillon






Türmchen
grandiose Fassade

Die Fassaden sind klar in der Grundform, aber hübsch verziert und faszinieren uns. Beim Bummel durch die Stadt sind immer neue Muster zu entdecken.  


 












Auf einer Tafel sehen wir, dass die umliegenden Inseln in einem Mammutprojekt für den Autoverkehr erschlossen worden sind. Sie waren bisher nur mit der Fähre erreichbar. Dies war natürlich für viele ein Grund, die Inseln zu verlassen und in Alesund selber zu wohnen. Um diese Abwanderung zu stoppen wurde enorm in die Infrastruktur investiert: nun können durch 3 Unterwassertunnels und eine Brücke alle grösseren Inseln der Umgebung schnell und direkt mit dem Auto erreicht werden. Als Fans von Brücken und Tunnels wollen wir uns das natürlich nicht entgehen lassen. 


gleich nach der Einfahrt geht es steil nach unten
Ein bisschen mulmig wird es uns dann aber schon. Ein Unterwassertunnel ab und zu ist ja eine Sache, aber innert weniger Kilometer gleich drei zu fahren ist schon speziell. Nach dem ersten taucht man nur kurz auf quasi um Luft zu holen, um dann gleich im nächsten wieder zu verschwinden. 


kurz vor der tiefsten Stelle des Tunnels 

Und um die nötige Tiefe unter dem Meer zu erreichen sind wieder deftige Gefälle und Steigungen zu überwinden. Als Krönung gibt es bei zwei Tunnels zu Beginn sogar einen Kehrtunnel wie beim Gotthard-Eisenbahntunnel, das heisst, eine 360°-Kurve. Und alles wie gewohnt in eher schlecht beleuchteten Tunnelröhren mit Gegenverkehr.








endlich wieder an der frischen Luft


war Obelix da?
Bei der letzten Insel angekommen spazieren wir zu einem Grabhügel und zu einem Hinkelstein (was genau das war, ist uns nicht so klar, da die Deutsche Version des Textes stark an Wort-für-Wort-Übersetzung im Internet erinnert und entsprechend kurios ist – und für weitergehende Nachforschungen in Englisch interessierte es uns dann doch zu wenig) und einem Leuchtturm. 



einsamer Leuchtturm am Eingang zum Storfjord










Von hier sehen wir neben Alesund und den Aussichtspunkt auf Aksla weitere Inseln und Inselchen.


dramatischer Blick auf unser nächstes Ziel

Fussgängerzone in Alesund






Nach einem Bummel durch die Fussgängerzone und einer seltsamen Begegnung mit einer älteren Dame, welche uns irgendwas wirres über geklaute Jugenstil-Utensilien und ermordete Katzen erzählt, geniessen wir ein leckeres Stück Fleisch im Steakhouse. 


 






Am nächsten Tag fahren wir weiter und es ist Insel-Hüpfen angesagt. Diesmal bleiben wir aber über dem Meer und fahren mit der Fähre und über diverse Brücken und Dämme. Wir passieren Hareidlandet, Gurskoy, Notoy, Leinoy, Remoy und landen schliesslich auf Rundoy – Runde.



Blick über Runde und die benachbarten Inseln





eine der vielen Brücken von Insel zu Insel




Blick zurück auf die Brücke und den Damm,
nun sind wir auf Runde


Die Fahrt dahin bringt uns immer wieder Nervenkitzel. Der Wohnwagen ist ja, im Gegensatz zur Inseltour gestern, mit dabei. Und die Brücken sind so breit, dass gerade ein Lastwagen (oder ein Wohnwagen) Platz hat. Vor und nach der Brücke hat es Ausweichstellen. Da aber die Brücken so steil sind, dass ein effektives Vorausschauen schwierig ist, hat es oben an der Brücke auch noch eine Ausweichstelle. Die Idee ist ja an sich gut, aber die Ausführung eher mangelhaft. Die Ausweichstellen on the top sind irgendwie doch nicht immer zuoberst und der weitere Strassenverlauf ist durch die Steilheit der Brücke erst einsehbar, wenn man schon wieder auf der schmalen Fahrbahn ist. 


Auffahrt zur Brücke ...



... on the top ...
... und wieder hinunter






















Naja, Augen zu und durch und wir haben Dusel und können alle Brücken und Dämme passieren und erreichen das Dörfchen Goksoyr auf Runde.



Auf Runde dreht sich alles um die Lunde, den Papageientaucher



auch hier bestimmen bunte Häuser das Dorfbild




Das Dörfchen Goksoyr



der Campingplatz

 











Runde ist nur gerade 6,4 Quadratkilometer gross, es gibt eine Strasse, zwei Dörfer, einen Campingplatz, einen Schiffanlegesteg, einen Tunnel – und während der Brutsaison über 150'000 Vogelpaare. Diese brüten an den Steilhängen im nördlichen und westlichen Teil der Insel. Für die Besucher heisst dies entweder in ein Ausflugsschiff zu steigen und die Vogelfelsen vom Meer aus anzusehen (Danke, da wird uns schon schlecht von der Vorstellung) oder zu Fuss von unserem Campingplatz aus auf das gut 250 Meter höher gelegene Plateau und von dort an die verschiedenen Klippen zu wandern. 




Hunderte Vogelpaare brüten hier jedes Jahr



Wir entschliessen uns natürlich für die Wandervariante und erklimmen am späteren Nachmittag das Plateau. Schon an den ersten Klippen können wir Hunderte Dreizehenmöwen ausmachen. Ihr Geschrei ist trotz Wind und einiger Entfernung bis zu uns zu hören. In der nächsten Bucht sind die Krähenscharben zu Hause. Vor beiden Buchten kreisen immer wieder Seeadler, lassen sich treiben vom Wind und nutzen in grossen Windungen die Thermik. Ein phantastischer Anblick!




spektakuläre Steilküsten
Obwohl die Saison für die berühmten Papageientaucher vorbei ist, soll es noch ein paar vereinzelte Paare vor Ort haben. So wandern wir weiter der Klippe entlang und über eine steile Leiter bis zu deren Brutgebiet. Wir setzen uns hin, warten und beobachten das Gelände. Im Frühling muss es hier von Papageientauchern nur so wimmeln. Jetzt sind die Abhänge leer, tief unten am Meer hocken ein paar Krähenscharben und zwischendurch zieht ein Adler seine Kreise. Die Stimmung hoch oben über dem Meer ist trotzdem gut, die Aussicht auf die umliegenden Klippen und Inseln ist grandios.




Und plötzlich schwirrt etwas über unsere Köpfe und verschwindet in einem Erdloch. Sollte dies wirklich ein Papageientaucher sein? Tatsächlich, kurze Zeit später kriecht er wieder hervor, steht vor seinem Loch, schaut ein bisschen umher und fliegt dann wieder hinaus aufs Meer. Wow, was für ein Glück wir haben! (für ein gutes Foto hat es allerdings nicht gereicht, da ging alles viel zu schnell)


grosse Raubmöwe





Wir sitzen noch eine Weile und geniessen die Stimmung. Auf dem Rückweg zum Campingplatz beobachten wir noch die Flugkünste der grossen Raubmöwen.
Bei weiteren Ausflügen auf der Insel sehen wir viele Vögel aber keine weiteren Papageientaucher.













der Atlantik ist rau und bestimmt das Leben auf den Inseln



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