Sonntag, 13. Juli 2014

9. Teil 

Fahrt ans Nordkapp – Sehnsuchtsziel erreicht


Von Kjöllefjord fahren wir wieder retour zu der Wahnsinns-Kreuzung Ifjord. Es ist die gleiche Strecke wie auf dem Hinweg ans Nordkinn, da es nur diese eine Strasse gibt. Trotzdem entdecken wir wieder neue schöne Flecken und kommen aus dem Staunen nicht heraus.

Bei Ifjord biegen wir dann ab Richtung Westen und kommen an verschiedenen kleinen Meeresbuchten vorbei. Doch dann geht es auf ins Gebirge. Die Passhöhe ist mit 180 MüM zwar nicht wirklich hoch, doch sieht alles hochalpin aus. Die Bäume, wenn es überhaupt welche hat, sind alle klein, gedrungen und meist ziemlich knorrig gewachsen. Sonst hat es vor allem Stein, niedriges Gestrüpp und Flechten, die Hauptnahrung der Rentiere.


fast kitschig schön...
Wir erreichen das Porsangerfjord, das flächenmässig grösste Fjord Norwegens. Schöne Fahrt um das Ganze Fjord mit Zwischenstopp in Lakselv um zu tanken (jawohl, wir haben gelernt J) und einzukaufen. Danach fahren wir bis Olderfjord, eine kleine Ortschaft, welche wahrscheinlich nur darum vielen Nordreisenden ein Begriff ist, weil von da die Strasse ans Nordkapp abzweigt. Wir übernachten hier nochmals und bereiten uns vor auf eine Nacht am Nordkapp ohne Strom und fliessendes Wasser: Alle Akkus laden, Flaschen mit Wasser fühlen usw.
Der Campingplatz ist zugleich auch Motel, Busstopp und Souvenirladen in einem. Es hat viele Leute hier und es herrscht eine gespannte Stimmung, weil sich alle aufs Nordkapp freuen.


Am nächsten Tag ist es für uns dann auch soweit, wir nehmen bei strahlend blauem Himmel die letzten 103 km ans Nordkapp unter die Räder.
Rentiere suchen Abkühlung im Tunnel
Die Strasse führt weiter entlang des Porsangerfjords, rechts Wasser, links Hügel und Gebirge in verschiedenen Formationen. Landschaftlich gibt es nicht so viel her wie zum Beispiel das Nordkinn. 


Vor dem ersten Tunnel steht eine Herde Rentiere. Wir müssen hupen und sie wie Kühe von der Fahrbahn scheuchen, bevor wir ins Tunnel einfahren können.

Das Tunnel ist ein Naturtunnel, das heisst, man sieht den rohen Fels und oft tropft es von der Tunneldecke.
Die Landschaft ändert sich kaum merklich, doch die Vegetation wird noch niedriger und die Hügelzüge sind von den Gletschern abgeflacht.
Einfahrt in den Nordkapptunnel, der unter dem Meer durchführt
Dann ist das Ende des eigentlichen Festlands erreicht und die Strasse führt in einen Unter-Meer-Tunnel. Dieser führt zuerst etwa einen Kilometer steil nach unten bis 212 m unter Meereshöhe, dann flach unter dem Meer durch und auf der anderen Seite wieder steil nach oben. Und mit steil meinen wir wirklich steil: es sind 9-10% Gefälle und Steigung.
steil nach unten im engen, eher ungemütlichen Tunnel...




















Und dann sind wir auf Mageroya. Die Nordkapp-Insel empfängt uns weiterhin mit strahlend schönem Wetter und angenehmen 16 Grad. Wir haben das Schönwetter-Fenster tatsächlich erwischt.
Die letzten 40 km führt die Strasse in grosszügigen Kurven über Hügelzüge und in Täler. Dann eröffnet sich der Blick auf die Gebäude auf dem Nordkapp – und, oh Schreck, eine Wolke über dem Plateau!
Trotzdem fahren wir weiter, guten Mutes, dass sich diese im Laufe des Tages noch verzieht.
Und tatsächlich, wie wir an den Kassahäusern vorbeikommen, lichtet sich der Nebel und das ganze Plateau liegt in der prallen Sonne!


das berühmte Besucherzentrum auf dem Nordkapp
Wir kriegen einen Platz in der ersten Reihe, vor uns die Klippen und das Meer. Nachdem wir uns installiert haben, erkunden wir das Nordkapp. Es gibt wirklich viel zu sehen hier. Diverse Denkmale und Erinnerungssteine, die riesigen Nordkapphallen mit Souvenirshop, Restaurants, Kino, Lichthöhle, Kapellen (christlich und Thai), geschichtlichen Infotafeln und natürlich – das Highlight für alle, der grosse Globus ganz vorne an den Klippen.







der Beweis: Wir sind da
Damit auch jeder weiss, wo er/sie ist!


Ein ganz spezielles und unbeschreibliches Gefühl hier zu stehen. Sachlich gesehen haben wir 6334,9 km Strasse hinter uns, vor uns 2000 km Meer und Eis bis zum Nordpool. Wir stehen gut 300 Meter über Meer auf einer Klippe, die steil ins Meer abfällt. Wir sind auf 71° 10’ 21’’ nördlicher Breite. Aber dies beschreibt nicht das Gefühl, welches jeder für sich an diesem Ort empfindet…


Es ist relativ windig aber dank der Sonne schön warm. Auch wir machen unsere Fotosession, die Anzahl Leute auf dem Plateau ist erstaunlich gering.


Zurück im Wohnwagen legen wir uns ein bisschen an die Sonne und geniessen das Gefühl, am nördlichsten Ende von Europa zu sein. Fast unbemerkt von uns füllt sich hinter uns der Parkplatz. Nach einem feinen Nachtessen und einer Flasche Wein, gehen wir gegen Mitternacht wieder Richtung Globus. Und wir sind baff, der ganze Parkplatz ist voll und auf dem Busparkplatz stehen mehr als 20 Busse.


Mitternachtssonne am Nordkapp


Das Gelände rund um den Globus ist dann auch gefüllt mit Menschen. Alle schauen gebannt Richtung Sonne, welche noch hoch am Himmel steht. Um 24.23 Uhr erreicht sie den tiefsten Punkt und steigt dann wieder höher. Um ein Uhr sind die meisten Busse wieder weg, die Camper in ihren Mobilen und es ist wieder beschaulich auf dem Kapp.


Panorma-Aufnahme einige Minuten nach Mitternacht











Wir geniessen noch etwas die Stimmung und gehen dann glücklich und erfüllt schlafen.


Landschaft rund ums Nordkapp
Am nächsten Morgen erwachen wir schwitzend – es ist brutal heiss im Wohnwagen. Wir blinzeln in die Sonne und realisieren, wow, es ist warm, megawarm. T-Shirt und kurze Hosen anziehen und gemütlich zMörgele draussen. Weil es praktisch windstill ist, steigen die Temperaturen im Schatten auf über 25 Grad.

Wir machen nochmals eine Runde auf dem Plateau, machen nochmals Fotos mit dem Globus, schauen uns den Kinofilm über das Kapp an und beschliessen dann, auf einen Campingplatz ein paar Kilometer weiter südlich zu wechseln. Man soll ja gehen, wenn es am schönsten ist. Und nochmals den ganzen Rummel gegen Mitternacht möchten wir uns nicht antun, weil es grad so friedlich ist.
Wie sich später herausstellt eine gute Entscheidung.


Marketing ist alles!
Auf dem nördlichsten Campingplatz der Welt schliessen wir wieder am Strom an und haben somit auch wieder fliessend Wasser und können die Toilette normal benutzen und spülen. Ein wahrer Luxus, obwohl wir nun wissen, dass es auch mit dem Wohnwagen gut 1 bis 2 Tage ohne Strom geht. Man muss sich einfach entsprechend vorbereiten.



Blick aus dem Wohnwagen - reine Idylle


Der Tag ist strahlend schön und warm und wir geniessen dies in vollen Zügen. Enayo darf im nahen See baden und wir sitzen lange draussen.
Doch gegen Mitternacht zieht Wind auf und wir verkriechen uns im Wohnwagen. Der Wind wird immer stärker und schüttelt und zerrt am Wohnwagen. Ein richtiger Sturm zieht auf und es jagen Wolken über den noch blauen Himmel. Die umstehenden Zelte biegen sich im Wind, wahrscheinlich ist es nicht so gemütlich, da drin zu liegen. Dies geht fast die ganze Nacht so und am nächsten Morgen überziehen Wolken den ganzen Himmel und es ist merklich kühler. Das Nordkapp hüllt sich in Wolken und uns wird nochmals bewusst, was für ein unglaubliches Glück (und Timing) wir gehabt haben.


Trotz der stürmischen Nacht beschliessen wir, eine weitere Nacht auf dem nördlichsten Campingplatz zu verbringen. Der Tag beginnt trüb und die Wolkendecke ist dicht. Es ist kühl resp. kalt.
Trotzdem machen wir eine Wanderung zur Kirkeporta, einem Loch im Felsen, durch den man das Nordkap sieht.

Die Kirkeporta, ein Loch im Fels, im Hintergrund das Nordkapp



Weihnachtszauber mitten im Sommer
Wir durchwandern wunderschöne Landschaften und sehen spannende Felsformationen bis wir im nördlichsten Fischerdorf der Welt in Skarsvagen landen. Im Fischerdorf machen wir vor einer Tafel halt mit folgender Aufschrift:

Welcome to visit the Northcape Christmas- and Winterhouse!

We can offer:

Coffe, Waffel – Cake, Tea, gluewine, hot chocolate and Christmas-Candy


Wir kehren ein und geniessen bei einem Café und Tee und einer Waffel das um diese Jahreszeit ungewöhnliche Weihnachtsfieber im Haus. Das Haus entpuppt sich als eine Art Souvenirladen mit vielen, sehr vielen diversen weihnachtlichen Souvenirs.

Wir kehren zurück zu unserem Campingplatz und machen es uns gemütlich und ruhen uns aus.




1 Kommentar:

  1. Schöner Bericht. Lässt Erinnerungen aufleben. War selber 2013 dort, wir sind gut 3000 KM gefahren. Habe leider kein Tagebuch geführt. Aber nächstes Mal.:)

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