13. Teil
Vesterolen – Inseln Andoya und Langoya
Von Senja auf die Insel Andoya gäbe es die Abkürzung mit der
Fähre. Wir beschliessen aber, über das Festland auf die Insel zu fahren die zur
Inselgruppe der Vesterolen gehört. Die Vesterolen liegen nördlich der Lofoten und stehen unverdientermassen etwas in deren Schatten. Landschaftlich sind die Vesterolen ebenso reizvoll aber es hat bedeutend weniger Touristen. In Finnsnes verlassen wir die Insel Senja
und fahren über Andselv auf der E6 bis Gratangen.
Tanz der Wolken mit den Bergen - Blick zurück nach Senja |
Die E6 (Europastrasse) verfolgt uns nun doch schon eine Weile und in Gesprächen mit anderen Reisenden spricht man immer wieder von ihr. Hier einige Fakten zur E6:
Die Europastrasse 6 (E6) ist eine wichtige
Nord-Süd-Verbindung in Norwegen und an der Westküste von Schweden.
Sie erstreckt sich über 3140 km von der südschwedischen Stadt Trelleborg als
Autobahn E6 bis
nach Norwegen und durchzieht dann nahezu ganz Norwegen bis in die Finnmark als mehr oder weniger gut ausgebaute
Hauptstrasse. Die Straße endet nahe der norwegischen Grenze zu Russland in Kirkenes.
Von den Lofoten an nordwärts gibt es praktisch nur diese Strasse.
In Gratangen verlassen wir aber die E6 und nehmen die RV825.
Diese führt uns entlang eines Fjords durch kleine Dörfer und Weiler. Bei einem
kleinen gemütlichen Restaurant legen wir spontan einen Boxenstopp ein um zu
Essen. Weiter geht es bis nach Evenskjer.
Andoya - Ebenen und Gebirge |
Wir geniessen die Landschaft und die
Ruhe, da es kaum Verkehr hat auf dieser Strasse. Bis zu unserem nächsten Ziel
Andenes liegen noch einige Kilometer vor uns. Die vielen Eindrücke auf der
Fahrt machen uns müde. Dennoch beschliessen wir, bis zu unserem Ziel zu fahren.
Der Strand des Campingplatzes |
Mitternächtliche Symphonie |
Müde aber glücklich treffen wir auf dem Campingplatz in Andenes ein. Wir
stellen unseren Wohnwagen auf und erwischen noch eine der letzten Steckdosen,
welche nicht so zahlreich vorhanden sind.
Vor uns liegt ein herrlicher Sandstrand und der letzten
Abend an dem die Sonne nicht untergeht. Gegen Mitternacht klettern wir auf einen
kleinen Hügel, um das letzte Mal die Mitternachtsonne zu geniessen.
Wunderschön
und ergreifend! Wir haben nun genau 21 Tage Nonstopp-Sonnenschein hinter uns.
Zumindest theoretisch, denn es war ja zwischendurch auch mal bewölkt oder hohe Berge
verdeckten den Blick auf die Sonne. Das ist schon speziell für uns
Mitteleuropäer.
Mitternachtssonnen-Panorama |
Morgen taucht die Sonne dann schon zu einem Teil ins Meer und
in zwei Tagen verschwindet sie erstmals wieder komplett unter dem Horizont. Das
heisst aber nicht, dass es jetzt sofort wieder dunkel wird in der Nacht. Die
Dämmerungen bei Sonnenuntergang und Sonnenaufgang überschneiden sich noch eine
Weile. Klar ist aber, je südlicher wir kommen und je länger der Sommer dauert,
desto länger bleibt die Sonne unter dem Horizont. Und irgendwann wird es dann
auch wieder für eine Zeit dunkel und die Nacht ist wieder eine Nacht.
Bei angenehmer Temperatur „z’mörgeled mir“ vor unserem
Wohnwagen. Anschliessend machen wir uns auf den Weg, um uns über das Angebot
der Walsafari zu informieren. Andenes ist bekannter Ausgangspunkt für
Walsafaris in Norwegen. Die Fahrt zu den Revieren ist recht kurz, da nirgendwo
sonst der Golfstrom so nahe vorbei fliesst. Zudem fällt hier ausnahmsweise der
Meeresboden nur wenige Kilometer vor der Küste am Kontinentalrand steil ab und
an den Hängen, wo kaltes Tiefen- und warmes Oberflächenwasser ineinander
fliessen, gibt es genug Krill, die Nahrung der Wale.
Märe bucht für den nächsten Tag eine Walsafari während Ursi
lieber auf festen Boden bleibt. (Märé hat sich für die Variante mit dem
Schlauchboot entschieden und nicht für diejenige mit dem grossen Schiff. Laut
Veranstalter ist man mit dem Schlauchboot auf der gleichen Ebene wie die Wale
und das gibt bessere Fotos – mal schauen, ob das stimmt.)
Malerische Bucht nach steilem Aufstieg |
Den Rest des Tages nutzen wir, um die Insel Andoya zu
erkunden. Wir fahren der Ostküste entlang und machen eine kleine, aber zwischendurch
steile Wanderung an eine einsame Bucht.
Auf der Rückfahrt zum Campingplatz
besichtigen wir eine achteckige Kirche.
Landwirtschaft auf Andoya |
Der nächste Tag beginnt mit dichtem Nebel. Das Meer vor uns ist kaum sichtbar. Die Walsafari macht so keinen Sinn und wir verschieben sie auf morgen. Kaum sind wir einige Hundert Meter ins Landesinnere gefahren, lichtet sich der Nebel und es ist herrlichstes Sommerwetter.
Unterwegs zum Gipfel |
Wir nutzen den Tag und besichtigen den Rest der Insel. Zum
Schluss besteigen wir einen Berg der zirka 450 Meter hoch ist und geniessen den
herrlichen Ausblick über diese besondere Insel, die mit ihren Bergen, den
weitläufigen Ebenen, den Moltebeermooren und Stränden eine eigenwillige, schöne
Landschaft bildet.
Gipfelaussicht über die Ebene bei Andenes |
Der Nebel hält sich hartnäckig über dem Meer und dem Küstenstreifen,
was die Szenerie zusätzlich speziell macht.
was die Szenerie zusätzlich speziell macht.
Ein echtes "Nebelmeer" |
Am nächsten Morgen ist es dann soweit. Um 10:30 treffen wir
im Walsafarizentrum ein. Nach einigen Informationen über die Wale und das
weitere Vorgehen müssen die Teilnehmer eine Art Schutzkleidung inklusive
Schwimmweste anziehen bevor man ins Zodiak (Schlauchboot mit festem Boden) steigt.
Ursi ist immer noch froh, dass sie sich nicht auf dieses Abenteuer einlässt,
das Verhältnis von Boot zu Wal ist doch ziemlich zu ungunsten der Menschen.
Und da nützt wohl auch die Schutzkleidung nicht so viel
(auch wenn man darin wie ein Pirelli-Männchen aussieht). Zudem möchten wir
nicht Enayo als Vollwaisen hinterlassen…
Bericht von Märé: „Naja, ich versuche mir dazu nicht zu viele Gedanken zu machen und steige gespannt und frohen Mutes ein. Wir sitzen auf einer Bank, ähnlich wie auf dem Rücken eines Pferdes. Die Fahrt beginnt in flottem Tempo und geht hinaus aufs Meer. Es windet nicht allzu fest und die Wellen sind in Küstennähe überschaubar, weiter draussen dann schon etwas höher. Aber alles easy, die ganze Equipe quietscht vor Vergnügen, wenn wir über eine Welle fliegen oder in ein Tal fallen.
Gerade als ich denke, dass es nun langsam genug Wellen sind, entdecken wir die erste Fontäne eines Pottwales. Dies bedeutet, dass der Wal an der Oberfläche ist, ein paar Mal kräftig durchatmet und dann wieder abtaucht um zu jagen. Da der Pottwal relativ senkrecht abtaucht, ist dabei fast immer die Fluke (Schwanzflosse) zu sehen.
Und tatsächlich, der Gigant planscht noch etwas vor sich hin, um dann majestätisch abzutauchen. Was für ein Erlebnis!
Der Pottwal taucht nun etwa auf 1000 Meter Tiefe um seine
Lieblingsspeise, die Riesenkalmare, zu jagen. Dies dauert in dieser Gegend etwa
25-35 Minuten. Nun heisst es warten, damit wir den Wal wieder auf- und
bestenfalls dann auch wieder abtauchen sehen. Leider bekommt mir diese Warterei
gar nicht gut, da das Zodiak nun doch ziemlich unkoordiniert schaukelt, und ich
werde seekrank. Naja, auf den Bogen legen ist angesagt und als das nur bedingt
hilft, halt über die Reling die Fische füttern…
Kurz darauf taucht ein zweiter Wal auf (hat sich also
gelohnt, die Fütterung). Wieder staunen wir und machen Fotos.
Wir kurven ein bisschen herum, um dann wieder zur Stelle der
ersten Walsichtung zu fahren und tatsächlich taucht dieser wie bestellt wieder
auf. So dürfen wir insgesamt fünf Mal einen der beiden Pottwale beobachten. Was
für ein Glück wir haben!
Doch irgendwann ist genug und wir fahren zurück. Die
schnelle Fahrt ist dann für mein Gleichgewichtssystem wieder besser verträglich
und so kann ich es geniessen. Wieder an Land wanken wir alle noch etwas.
Unvergessliche Stunden haben wir verbracht und ich glaube, dass alle im Herzen
berührt sind von der Schönheit und Eleganz der Meeresriesen.“
Wie so oft beschliessen wir spontan, die Inselhüpfer-Route
weiterzuführen und am nächsten Tag nach Stö zu fahren auf der Insel Langoya.
Auch Stö liegt ganz am äussersten Ende der Insel. Der
Campingplatz ist eher ein grosser Kehr- und Parkplatz mit zwei, drei kleinen
Häuschen, in denen Toiletten, die Selbstversorgerküche und ein Restaurant
untergebracht sind. Im Restaurant jedoch gibt es herrlich duftende
selbstgebackene Kuchen und Zimtschnecken und sehr feine Menüs.
Nyksund, das ehemalige Fischerdorf |
Auf einem Ausflug besuchen wir Myre und Nyksund, ein ehemaliges Fischerdorf, welches jahrelang verlassen war und nun wieder zu leben beginnt. Es sind wohl vor allem Künstler und Aussteiger, die die verlassenen Häuser wieder herrichten und mit Gästezimmern und gemütlichen Cafés versuchen, Touristen anzulocken. Das Ganze hat einen verwirrenden Charme, irgendwo zwischen Geisterdorf und Trendquartier schwankend.
Vormittags neblig... |
... nachmittags im Sonnenschein |
Nur zu Fuss erreichbarer Strand in der Nähe von Stö |
Dies schliesst unseren Abstecher nach Langoya ab. Am
nächsten Tag soll es zu den Lofoten gehen.